kjz-Sprechstunde

«Warum wird der stigmatisierende Begriff ‹Kindeswohlgefährdung› immer noch gebraucht?»

Mütter und Väter wissen am besten, was gut ist für ihr Kind. Doch ab und zu sind sie auch bei gröss­ter Eltern­liebe froh um ein biss­chen Unter­stüt­zung. Bei allen Fragen rund um Familie und Erzie­hung weiss das Exper­ten-Team unserer kjz-Sprech­stunde Rat. Kompe­tent, anonym und unkom­pli­ziert. Was immer Sie bewegt – wir sind für Sie da!


Liebes kjz

Warum verwen­den Sie respek­tive die KESB Begriffe wie «Kinds­wohl­ge­fähr­dung» in Gegen­wart von mitle­sen­den Perso­nen wie Eltern und Kindern? Es ist ein wenig ange­mes­se­ner Begriff, der sicher eine pein­li­che Stim­mung bei Kindern sowie Schuld­ge­fühle und Angst bei (betrof­fe­nen) Eltern hervor­ruft. «Kinds­wohl­ge­fähr­dung» erin­nert an böse oder unfä­hige Eltern. Es ist ein zu Unrecht stig­ma­ti­sie­ren­der Begriff, der besser umschrie­ben oder ganz wegge­las­sen werden sollte. Jemand muss den Anfang machen und diesen Begriff durch eine neutrale Formu­lie­rung erset­zen – zum Beispiel «unter­stüt­zungs­be­rech­tig­ter Lebens­um­stand für das Kind» oder ähnlich. «Kinds­wohl­ge­fähr­dung» klingt eindeu­tig abwer­tend und ist unnötig negativ behaf­tet. Jeder kann den Begriff erset­zen und den alten Begriff gege­be­nen­falls noch in Klam­mern anfügen. Danke im Voraus.

Liebe/r Schreibende/r

Vielen Dank für Ihre Anfrage und Ihre Gedan­ken zur Auffas­sung des Begriffs «Kindes­wohl­ge­fähr­dung» bei betrof­fe­nen Eltern, Kindern und deren Umfeld.

Der Begriff ist ein Fach­aus­druck. Er basiert auf dem Begriff «Kindes­wohl», der in unserer Gesetz­ge­bung als Leit­mo­tiv veran­kert ist (z. B. in Art. 301 und 307 ZGB). Recht­li­che Begriffe müssen vieles umfas­sen und gleich­zei­tig einfach und verständ­lich sein. Sie tönen manch­mal etwas anti­quiert und haben die Tendenz, sich lange zu halten. Einen recht­li­chen Begriff zu erset­zen, liegt nicht in unserer Kompe­tenz.

Wir Sozi­al­ar­bei­ten­den bemühen uns, den Begriff bei der Verwen­dung zu erklä­ren – auch kinds­ge­recht. Dies, damit Eltern und Kinder ihn verste­hen und nicht davon ausge­hen, dass Eltern einfach böse oder unfähig sind. Viel­mehr kommen Fach­per­so­nen zum Schluss, dass spezi­fi­sche Eltern und/oder ihr Kind Unter­stüt­zung brau­chen, damit die kind­li­chen Grund­be­dürf­nisse erfüllt werden und sich das Kind seinem Alter entspre­chend in körper­li­cher, psychi­scher, seeli­scher und sozia­ler Hinsicht optimal entwi­ckeln kann.

In diesem Sinne noch­mals besten Dank für die Sensi­bi­li­sie­rung zum Umgang mit dem Begriff in der Zusam­men­ar­beit mit Eltern und Kindern.

Ingrid Caveng (Sozi­al­ar­bei­te­rin) und das kjz-Team

Haben Sie eine Frage?

Haben Sie eine Frage zur Erzie­hung, zum Zusam­men­le­ben in der aktu­el­len Situa­tion oder ganz allge­mein zum Fami­li­en­le­ben? Das kjz-Team beant­wor­tet regel­mäs­sig Fragen in der «kjz-Sprech­stunde».