kjz-Sprechstunde

«Wie soll ich vorgehen, wenn mein Kind wieder Kontakt zu seinem Vater möchte?»

Mütter und Väter wissen am besten, was gut ist für ihr Kind. Doch ab und zu sind sie auch bei gröss­ter Eltern­liebe froh um ein biss­chen Unter­stüt­zung. Bei allen Fragen rund um Familie und Erzie­hung weiss das Exper­ten-Team unserer kjz-Sprech­stunde Rat. Kompe­tent, anonym und unkom­pli­ziert. Was immer Sie bewegt – wir sind für Sie da!


Liebes kjz
Mein Kind möchte seinen Vater wieder einmal treffen. Das Problem ist jedoch, dass der Vater den Kontakt zu uns abge­bro­chen hat. Auch die Unter­halts­zah­lun­gen hat er einge­stellt. Was in seinem Kopf vorgeht, kann ich nur erahnen: Er hatte einen Herz­in­farkt und leidet an Krebs. Aufgrund der Chemo­the­ra­pie hat er vermut­lich körper­li­che und psychi­sche Probleme. In dieser Phase ist er sehr grantig mit seinen Mitmen­schen und lässt sich nicht helfen. Sollte ich meinem Kind davon berich­ten oder abwar­ten, bis der Vater den Kontakt wieder aufnimmt?

Liebe Mutter

Es ist stark von Ihnen, dass Sie den Kontakt zwischen Ihrem Kind und seinem Vater trotz der schwie­ri­gen Situa­tion zulas­sen. Dies ist nicht selbst­ver­ständ­lich und zeigt, dass Sie in der Lage sind, den Bedarf Ihres Kindes nach Kontakt zum Vater zu erken­nen und diesen über Ihre (mögli­chen) eigenen Bedürf­nisse zu stellen.

Wie sieht es nun aus, wenn der Vater den Kontakt abbricht? Recht­lich gesehen haben die Eltern das Recht und die Pflicht, den Kontakt zu ihrem Kind zu pflegen. Wenn nun diese Pflicht von einem Eltern­teil nicht wahr­ge­nom­men wird und keine Kontakte statt­fin­den, kann die Kindes- und Erwach­se­nen­schutz­be­hörde (KESB) dem Eltern­teil eine Weisung ertei­len.

Auch in Bezug auf die Einstel­lung der Unter­halts­zah­lun­gen gibt es Möglich­kei­ten. Es gibt staat­li­che Unter­stüt­zung in Form der Alimen­ten­be­vor­schus­sung oder Sie können den Unter­halt einkla­gen.

So würde der recht­li­che Weg über die Behörde ablau­fen. Aus Ihrer Frage höre ich aber auch heraus, dass Sie dem Vater Ihres gemein­sa­men Kindes Zeit geben möchten. Ihnen ist bewusst, dass er aufgrund des Herz­in­farkts und seiner Krebs­dia­gnose eine schwie­rige Phase durch­macht. Viel­leicht ist er aufgrund seiner psychi­schen Verfas­sung momen­tan nicht in der Lage, Kontakt zu seinem Kind zu haben. Sie fragen sich, ob – bezie­hungs­weise wie – Sie Ihrem Kind dies sagen sollen.

Falls von Ihrer Seite her eine Kontakt­auf­nahme möglich ist, wäre es sinn­voll, wenn Sie das Gespräch mit dem Vater Ihres gemein­sa­men Kindes suchen. Es wäre schön, wenn der Vater dem Kind selbst sagen könnte, wie es ihm geht und warum er momen­tan Abstand und Zeit für sich benö­tigt. Viel­leicht kann so auch ein Weg gefun­den werden, wie beide Bedürf­nisse erfüllt werden können. Beispiels­weise könnte der Vater einmal im Monat einen kurzen Brief schrei­ben, um ein Lebens­zei­chen von sich zu geben. Oder Ihr Kind könnte einmal im Monat seinem Vater schrei­ben und ihm erzäh­len, wie es ihm geht.

Falls dies nicht möglich ist, finde ich es wichtig, dass Sie Ihrem Kind versu­chen zu erklä­ren, warum sich sein Vater mögli­cher­weise momen­tan zurück­zieht. Dabei würde ich ähnlich vorge­hen, wie Sie die Situa­tion geschil­dert haben – wohl­wol­lend und nicht gegen den Vater gerich­tet. Versu­chen Sie, die Situa­tion kind­ge­recht zu erklä­ren, und gehen Sie davon aus, dass sich der Vater wieder melden wird. So geben Sie Ihrem Kind Orien­tie­rung und verhin­dern, dass es die Schuld für den Kontakt­ab­bruch bei sich sucht.

Ich bin sicher, dass Sie die rich­ti­gen Worte finden werden. Gerne unter­stüt­zen wir Sie hierbei auch im kjz in Ihrer Nähe.

Maria Knecht-Jenny (Sozi­al­ar­bei­te­rin) und das kjz-Team

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Haben Sie eine Frage zur Erzie­hung, zum Zusam­men­le­ben in der aktu­el­len Situa­tion oder ganz allge­mein zum Fami­li­en­le­ben? Das kjz-Team beant­wor­tet regel­mäs­sig Fragen in der «kjz-Sprech­stunde».