kjz-Sprechstunde

«Müssen meine Kinder (10, 12 und 14) Kontakt zum Vater haben, obwohl sie nicht wollen?»

Mütter und Väter wissen am besten, was gut ist für ihr Kind. Doch ab und zu sind sie auch bei gröss­ter Eltern­liebe froh um ein biss­chen Unter­stüt­zung. Bei allen Fragen rund um Familie und Erzie­hung weiss das Fach­team unserer kjz-Sprech­stunde Rat. Kompe­tent, anonym und unkom­pli­ziert. Was immer Sie bewegt – wir sind für Sie da!


Liebes kjz
Meine drei Kinder (10,12 und 14) lehnen den Kontakt zum Vater ab. Vor zwei Jahren endete ein Vorfall von häus­li­cher, psychi­scher Gewalt mit einer Anzeige und drei­mo­na­ti­gem Kontakt- und Rayon­ver­bot für den Vater. Seither haben die Kinder keinen Kontakt mehr zu ihm.
Nun schickt mir mein Ex-Mann wieder täglich mehrere SMS und schreibt, dass er alles tun werde, um die Kinder zurück­zu­ho­len und ich sie verlie­ren werde. Er droht, mir alles wegzu­neh­men. Die Älteste hat ihm im vergan­ge­nen Herbst ein E-Mail geschickt und ihm mitge­teilt, dass sie keinen Kontakt mehr zu ihm will. Die beiden anderen lehnen den Kontakt eben­falls strikt ab.
Der Vater hatte sich nicht oder nur wenig um die Kinder geküm­mert. Die Bezie­hung zwischen ihm und den Kindern war bereits vor der Tren­nung sehr kalt und gefühls­los. Da nun die Schei­dung nach zwei Tren­nungs­jah­ren voll­zo­gen wird, haben die Kinder Angst, dass sie zu etwas gezwun­gen werden, was sie nicht wollen.
Was kann nun auf uns zukom­men? Wie soll ich mich verhal­ten? Ein norma­les Gespräch mit meinem Ex-Mann ist nicht möglich. Er will nur seine Rechte einfor­dern; was die Kinder wollen, inter­es­siert ihn nicht.

Liebe Mutter

Danke, dass Sie sich mit Ihrem Anlie­gen an das kjz wenden.

Die Situa­tion, in der Sie stecken, scheint Verun­si­che­rung und Angst in Ihnen und wahr­schein­lich auch in Ihren Kindern hervor­zu­ru­fen, nicht zuletzt wegen den Erfah­run­gen, die Sie in der Vergan­gen­heit gemacht haben.

In der zwei­jäh­ri­gen Tren­nungs­phase hatten die Kinder keinen Kontakt zum Vater. Das ist eine lange Zeit. Der Vater wünscht nun wieder Kontakt zu seinen Kindern und scheint Sie damit unter Druck zu setzen. Wenn Sie oder der Vater nun nach zwei Tren­nungs­jah­ren die Schei­dung einrei­chen, ist für die Dauer des Verfah­rens das Bezirks­ge­richt zustän­dig. Die Kinder werden im Laufe des Verfah­rens bei Gericht ange­hört werden. Sie sind alle drei in einem Alter, in dem sie ihren Willen äussern können. Grund­sätz­lich haben sowohl Kinder als auch Eltern ein Recht auf Kontakte. Das Gericht kann je nach Situa­tion indi­vi­du­ell fest­le­gen, welcher Art die Kontakte sind und wie sie ausge­stal­tet werden oder ob es über­haupt welche gibt.

In der Gestal­tung der Kontakte gibt es viele Möglich­kei­ten. Die Kontakte müssen nicht zwin­gend persön­lich statt­fin­den; sie können durch Fach­per­so­nen beglei­tet an neutra­len Orten statt­fin­den oder nur schrift­lich oder in Form von Erin­ne­rungs­kon­tak­ten. Das Gericht wird gege­be­nen­falls eine Beistand­schaft zur Rege­lung des persön­li­chen Verkehrs errich­ten, in der dann eine Beistands­per­son den Auftrag erhält, die Kontakte respek­tive die Betreu­ungs­zei­ten, wie vom Gericht entschie­den, zu beglei­ten und Eltern und Kinder bei der Umset­zung zu unter­stüt­zen.

Sollten Sie sich durch den Vater bedroht fühlen, können Sie sich jeder­zeit an die Polizei oder an das Frau­en­not­te­le­fon wenden.

Wenn es für Sie möglich ist, mit dem Vater in einen Dialog zu treten, können Sie sich bei Bedarf zusam­men mit dem Ex-Mann und den Kindern an das kjz in Ihrer Nähe wenden. In einem mode­rier­ten Gespräch wird es darum gehen, die Meinun­gen und Wünsche aller Betei­lig­ten darzu­le­gen. Auch die Meinun­gen Ihrer Kinder sollen dabei gebüh­rend Raum bekom­men.

Ich wünsche Ihnen, dass Sie eine gute Lösung für Sie alle finden.

Anita Mini­hof­fer (Sozi­al­ar­bei­te­rin) und das kjz-Team

Haben Sie eine Frage?

Haben Sie eine Frage zur Erzie­hung, zum Zusam­men­le­ben in der aktu­el­len Situa­tion oder ganz allge­mein zum Fami­li­en­le­ben? Das kjz-Team beant­wor­tet regel­mäs­sig Fragen in der «kjz-Sprech­stunde».