kjz-Sprechstunde

«Stehen die Phasen der Kinder über unserem Wohl als Familie?»

Mütter und Väter wissen am besten, was gut ist für ihr Kind. Doch ab und zu sind sie auch bei gröss­ter Eltern­liebe froh um ein biss­chen Unter­stüt­zung. Bei allen Fragen rund um Familie und Erzie­hung weiss das Exper­ten-Team unserer kjz-Sprech­stunde Rat. Kompe­tent, anonym und unkom­pli­ziert. Was immer Sie bewegt – wir sind für Sie da!


Liebes kjz
Es ist kompli­ziert in unserer Familie. Nicht nur die Geschwis­ter­be­zie­hung macht Sorgen und kostet Kraft. Auch der Ältere fordert uns Eltern heraus. Er probiert aus, ich weiss. Doch manch­mal geht mir das Verständ­nis dafür verlo­ren und ich suche eine Idee oder Hilfe. Ein Beispiel: Beim Mittag­essen klopft er sehr laut auf den Tisch. Alle Versu­che, ihn davon abzu­len­ken, helfen nicht. Von Über­hö­ren bis zur Idee, nur mit einem Finger zu tippen, ihm Gegen­stände zum Trom­meln zu geben – alles ohne Erfolg. Das Gleiche beim Wech­seln der Windeln unseres Jünge­ren (2½). Jedes Mal gibt es einen Aufstand.
Wie können wir gene­rell in vergleich­ba­ren Situa­tio­nen handeln? Stehen die Phasen der Kinder immer über unserem Wohl als Familie? Ich wäre sehr dankbar um ein paar lebens­nahe Ideen.

Liebe Familie

Sie schrei­ben, dass es aktuell schwie­rig ist in Ihrer Familie. Es gibt verschie­dene Themen, die Sie umtrei­ben. Ihre Kinder sind beide noch sehr jung und Sie als Eltern damit in einer sehr inten­si­ven Fami­li­en­phase.

Die geschil­der­ten Alltags­si­tua­tio­nen mit Ihren Kindern schei­nen derzeit stark an Ihren Nerven zu zehren. Einer­seits haben Sie Verständ­nis für das explo­ra­tive Verhal­ten Ihres Sohnes. Ande­rer­seits kann es Sie auch ganz schön nerven und dann schwin­det zeit­weise Ihr Verständ­nis.

Zu Ihrer Frage, ob die «Phasen» – also die Bedürf­nisse der Kinder – über dem Wohl der Familie stehen: Die Bedürf­nisse der Kinder sollen nicht über jenen der Eltern stehen. Aber es ist unum­gäng­lich, dass der Entwick­lungs­stand der Kinder in starkem Ausmass den Fami­li­en­all­tag bestimmt. Dabei sind die Eltern in der Fürsor­ge­rolle, was insbe­son­dere mit kleinen Kindern viel und oft den eigenen unmit­tel­ba­ren Bedürf­nis­auf­schub bedeu­tet.

Wenn die eigenen Bedürf­nisse und Erho­lungs­mög­lich­kei­ten jedoch länger­fris­tig zu sehr leiden, passiert es leicht, dass das Verständ­nis für das Kind verlo­ren geht. Das ist ein siche­res Zeichen dafür, dass es Zeit ist, sich auch wieder um die eigenen Bedürf­nisse zu kümmern und nach Räumen für sich zu suchen. Wo gibt es für Sie Möglich­kei­ten, das zu tun? Auch kurze Momente können schon hilf­reich sein. Auch sind alters­ge­rechte Erwar­tun­gen an das Kind in jeder Phase von Vorteil. Denn über­höhte Erwar­tun­gen bedeu­ten für beide Seiten grossen Stress.

Einige Gedan­ken zu Ihrem Sohn:

  • Probiert er am Tisch einfach etwas aus oder versucht Ihr Sohn, Aufmerk­sam­keit zu erlan­gen? Wann immer nötig, setzen Sie seinem explo­ra­ti­ven Verhal­ten liebe­voll und klar eine Grenze. Nehmen Sie ihm z. B. einen Gegen­stand weg, wenn er zu laut damit hantiert (nachdem Sie ihm das zuvor so ange­kün­digt haben). Sein Protest wird Ihnen dabei nicht erspart bleiben.
  • Oft ist es hilf­reich, gelas­sen und spie­le­risch auf stören­des Verhal­ten zu reagie­ren. So laufen Sie nicht Gefahr, das Verhal­ten noch zusätz­lich durch eine emotio­nale Reak­tion Ihrer­seits zu verstär­ken, denn dadurch wird alles nur noch span­nen­der. Denken Sie daran, Ihr Sohn testet nicht Ihre Grenzen, er testet, wie die Welt – inklu­sive des sozia­len Gesche­hens – funk­tio­niert.
  • Sie können auch die «magi­sche Phase» Ihres Sohnes nutzen. Erfin­den Sie für ihn span­nende Geschich­ten. Dann wird z. B. das Zahn­bürs­teli zum U-Boot, das im Mund tauchen geht.

Gerne geben Ihnen die Mütter- und Väter­be­ra­te­rin­nen oder die Erzie­hungs­be­ra­ten­den im kjz in Ihrer Nähe weitere Inputs im persön­li­chen Gespräch.

Annina Schmid (Erzie­hungs­be­ra­te­rin) und das kjz-Team

Mehr zur Entwick­lung des Kindes von 1 bis 2 Jahren und zur Entwick­lung des Kindes von 3 bis 6 Jahren

Haben Sie eine Frage?

Haben Sie eine Frage zur Erzie­hung, zum Zusam­men­le­ben in der aktu­el­len Situa­tion oder ganz allge­mein zum Fami­li­en­le­ben? Das kjz-Team beant­wor­tet regel­mäs­sig Fragen in der «kjz-Sprech­stunde».