Arbeit im Verborgenen

Wie erkenne ich einen Young Carer – und wie unterstütze ich am besten?

Den typi­schen Young Carer gibt es nicht. Zu viel­fäl­tig sind ihre Situa­tio­nen zuhause, zu unter­schied­lich ist ihr Umgang damit. Es gibt aber mögli­che Anzei­chen, die Aussen­ste­hende ernst nehmen sollen. Und: Alle haben densel­ben Wunsch – ernst genom­men und ange­hört zu werden.

Young Carers, das sind Kinder und Jugend­li­che, die regel­mäs­sig jeman­den aus der Familie oder dem nahen Umfeld betreuen und unter­stüt­zen. Rund 8 Prozent der 10-15-Jähri­gen leisten diese Arbeit in der Schweiz täglich, meist aber von der Öffent­lich­keit unbe­merkt.

Wie erkenne ich einen Young Carer?

Young Carers gehen unter­schied­lich mit den Heraus­for­de­run­gen in ihrem Alltag um. Sie sind daher nicht immer einfach zu erken­nen. Es gibt aber mögli­che Anzei­chen:

Die jungen Perso­nen …

  • haben Eltern, Gross­el­tern oder Geschwis­ter, die körper­lich oder psychisch krank oder beein­träch­tigt sind
  • sind besorgt über das Fami­li­en­mit­glied und in häufi­gem Kontakt
  • wirken reifer als viele Gleich­alt­rige
  • zeigen äusserst hilfs­be­rei­tes, empha­ti­sches Verhal­ten
  • sind Erwach­se­nen gegen­über auffal­lend selbst­be­wusst
  • stellen eigene Bedürf­nisse oft zurück
  • zeigen Aggres­sion, Wut – oder umge­kehrt, sind sehr unauf­fäl­lig und ange­passt.
  • sind häufig müde, unkon­zen­triert oder abwe­send
  • zeigen Schwan­kun­gen in ihren Leis­tun­gen, etwa in der Schule oder Lehre
  • sind oft verspä­tet oder nehmen an ausser­schu­li­schen Akti­vi­tä­ten nicht teil
  • haben körper­li­che Beschwer­den, etwa Rücken­schmer­zen von der Pfle­ge­ar­beit

Was tun, wenn ich einen Young Carer erkenne?

Young Carers entwi­ckeln durch ihre heraus­for­dernde Rolle viele Kompe­ten­zen und eine frühe Reife. Sie empfin­den ihre Aufgabe nicht zwin­gend als Last oder Bürde, reden aber selten offen darüber. Gerade jünge­ren Young Carern ist ihre Rolle häufig nicht bewusst und oft fehlt ihnen ein Begriff dafür. Es ist daher wichtig, fein­füh­lig hinzu­hö­ren, was sie wirk­lich brau­chen.

Aussen­ste­hende unter­stüt­zen Young Carers, indem sie …

  • respekt­voll und wert­frei nach ihrem Befin­den fragen
  • sich Zeit nehmen und Verständ­nis zeigen
  • ihre starken Leis­tun­gen wert­schät­zen
  • fragen, wie sie weiter unter­stüt­zen können
  • den Fokus nicht auf die betrof­fe­nen Ange­hö­ri­gen richten, sondern die Young Carers ins Zentrum stellen
  • gemein­sam Notfall­pläne erar­bei­ten (Vorbe­rei­tung für Notfälle, weitere Infor­ma­tio­nen)
  • Mut machen, darüber zu reden und Hilfe anzu­neh­men

Auf den Platt­for­men young-carers.ch und feel-ok.ch gibt es zahl­rei­che Infor­ma­tio­nen, Tipps für Young Carers und Hinweise zu Anlauf­stel­len und Unter­stüt­zungs­an­ge­bo­ten. An einem Get-toge­ther können sich Young Carers unter­ein­an­der austau­schen.

Ladina Gart­mann

Ladina Gartmann hat Soziologie, Wirtschafts- und Sozialgeschichte und Sozial- und Präventivmedizin in Zürich und Kopenhagen studiert. Nach einigen Jahren in der angewandten Forschung ist sie seit 2017 als Projektleiterin und wissenschaftliche Mitarbeiterin im Fachbereich Kinder- und Jugendhilfe vom AJB tätig und begleitet verschiedene Forschungs- und Pilotprojekte, u.a. die Erprobung der Methode Familienrat oder die beiden Greenhouse-Saatboxen «Care 4 Young Carers» und «Rudel der Löwinnen».

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